Author: Twilight
•Donnerstag, März 12, 2009
Heute erfolgt mal ein Beitrag aus aktuellem Anlass.
Mittlerweile sollte vermutlich jeder von dem Amoklauf in Winnenden nahe Stuttgart mitbekommen haben, weshalb ich auf die Einzelheiten des Massakers nicht näher eingehen werde - das Netz ist bereits voll von Informationen hierzu.
Was ich hervorheben will, ist die miserable Presse-Berichterstattung zu solchen Extremtaten, die noch immer nichts dazugelernt hat.

Schon während ich die laufenden Ermittlungen und Beiträge im Fernsehen verfolgt habe, habe ich nur darauf gewartet, wann wieder die allseits geächteten "Killerspiele" als Ursache an den Haaren herbeigeschleift werden würden. Und ihr könnt euch sicher sein: Allzu lange hatte es nicht gedauert.
Warum das?

Warum werden nach wie vor die ach so bösen Spiele beschuldigt, Menschen zu rücksichtslosen Killern zu wandeln? Menschen, die anhand von Spielen angeblich den Umgang mit Waffen trainieren? Menschen, deren Wahrnehmung zwischen Spiel und Realität nicht mehr unterscheidet?

Mal im Ernst: Kein geistig normaler Mensch würde Selbstjustiz durch Waffengewalt üben. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten: Selbst wenn einem Jugendlichen Zugang gewährt würde zu gewaltverherrlichenden Videospielen, gewaltverherrlichenden Filmen und zu Schusswaffen selbst - würde er dann automatisch auch im realen Leben zum Mörder mutieren? Ich denke nicht.

Heute Mittag der etwaige Wortlaut im Radiobericht: "Auf den durchsuchten Rechnern des Jugendlichen wurden Killerspiele entdeckt." Oha! Aber - was genau sagt das über den Menschen und dessen Charakter aus? ABSOLUT NICHTS!
Würde eine ehrliche Umfrage unter männlichen Zielpersonen zwischen 15 und 20 Jahren stattfinden mit der Frage: "Besitzen Sie mindestens einen Ego-Shooter?" und würden die Zielpersonen wie eben genannt ehrlich antworten, so bin ich sicher, dass mindestens 75% der Befragten mit "Ja" antworten würden. Denn sind wir doch mal ehrlich: Was sind die 3 meistverkauftesten Genres im PC-Spiele-Bereich? Strategie wie "Sims" oder "Die Siedler", Rollenspiele wie "World of Warcraft" und eben die Bösen bösen Ego-Shooter. Um daher einen empörten Radioanrufer von heute morgen zu zitieren: "Wenns danach ginge, müssten täglich Millionen Menschen Amok laufen." Sehe ich genauso.

Als kleine Anekdote an die typische Presseberichterstattung über eben jene Spiele, hier ein satirischer Youtube-Beitrag.

Ein weiterer Punkt, der mich aufregt, ist die Respektlosigkeit der Medien:
Kennt jemand die Todesuhr? Dieses Tool, das man sich aufs Handy laden kann und das einem angeblich bei Eingabe des Geburtsdatums den Tag des Todes liefert? Eine makabre Spassanwendung, die noch gestern Mittag immer wieder zwischen den Klingeltönen in der Werbung der Musiksender wie MTV oder VIVA lief. Leute, muss das sein?!
Immerhin hatten beide Sender (wohl auch auf Grund dieser Werbung) ihr Programm geändert und spielten daher von 16:00-06:00 Uhr durchgehend und werbefrei nur ruhige Songs. Keine härteren Sachen wie Rammstein oder so, denn auch das wäre aus aktuellem Anlass respektlos gewesen. Daumen hoch für diese Einstellung.

Zu guter letzt die bösen Schützenvereine:
Der Vater des Jungen habe legal 16 Waffen besessen. Für einen Sammler, der mit seinem Hobby gewissenhaft umzugehen weiß, sehe ich darin kein Problem.
Wenn es danach ginge, müssten die Biathlon-Übertragungen, die gestern sogar noch stattfanden, allesamt verboten werden: Sind doch auch diese Sportler ausgebildete Schützen und somit potentielle Killer.

Ihr merkt schon, Presse-Berichterstattungen und deren oftmals fragwürdigen Begründungen für ihre Sachverhalte sind ein Fall für sich. Alte, ausgelutschte Motive wie Videospiele werden herangezogen und als Hauptgrund angeprangert.
Die wahren Motive aber - die Gesellschaft, die einzelne Idividuen ausgrenzt; Mitschüler, die Andere konsequent mobben; Probleme im Elternhaus; sprich: Das soziale Umfeld - bleiben im Dunkel verborgen.
Würde endlich mal an diesen Punkten angesetzt werden, wären Lösungsansätze geboren, die eventuell sogar Erfolg versprechen könnten.
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4 Kommentare:

On 21. März 2009 um 17:00 , Anonym hat gesagt…

Sehr schöner Beitrag zu dem Thema, vor allem das Youtube-Video trifft den Kern sehr gut. :)

Nur was den Waffenbesitz angeht stimme ich Dir nicht unbedingt zu: Reales Schießen mit realen Waffen als Hobby finde ICH persönlich irgendwie krank...
Na ja und der Vater von dem Amokläufer gehört aus meiner Sicht so hart bestraft für seine Nachlässigkeit, dass er seines Lebens nicht mehr froh wird!

 
On 22. März 2009 um 11:17 , Twilight hat gesagt…

Hey Tiuri, danke für deinen Kommentar.
Ich sags mal so: In Amerika schläft (Verallgemeinerung, ich weiß) vermutlich jeder mit einer Pistole oder Schlimmerem unterm Kopfkissen, um sich im Falle eines Einbruchs zur Wehr setzen zu können. Warum? Weil mans dort darf.
Bei uns sieht die Gesetzeslage halt anders aus.
In sofern kann ich den Vater sogar irgendwie verstehen, alles ordnungsgemäß wegzuschließen, aber eine Waffe im Nachttisch zu deponieren. Dass der Sohn sich das zu Nutze macht, konnte man nicht ahnen. Daher hab ich eher Mitleid mit den Eltern. Aber das ist Ansichtssache, jeder denkt darüber vermutlich anders.

 
On 23. März 2009 um 10:19 , Anonym hat gesagt…

Ich sehe das sehr ähnlich wie Twi.
Wobei ich es Amerika teilweise sehr krass finde. Ein Freund war da mal ein Jahr auf Schüleraustausch, er hat erzählt das sein Austauschschüler zum 18. Geburtstag mal eben eine AK geschenkt bekommen hat o.O (bin mir da nicht mehr so ganz sicher, soll jedenfalls ein größeres Kaliber gewesen sein)
Ich kann Waffen nicht gerade viel abgewinnen (meine einzige Erfahrung in der Richtung war eine Altstadtfest-Schiessbude vor vielen Jahren), aber wenn sie jemand hobbymäßig sammelt oder Sportschütze ist oder sowas sehe ich nicht wirklich Probleme darin. Ansonsten könnt ich auch von Dorf zu Dorf ziehen und alle Schützenvereine verhaften.

PS: "Na ja und der Vater von dem Amokläufer gehört aus meiner Sicht so hart bestraft für seine Nachlässigkeit, dass er seines Lebens nicht mehr froh wird!"

Ich glaube das ist er bereits

 
On 26. März 2009 um 14:31 , Anonym hat gesagt…

@Twilight:
Du meinst man konnte nicht ahnen dass ein Minderjähriger, der auch noch psychische Probleme hatte, nach einer Waffe greift die der Vater scheinbar dermaßen nachlässig aufbewahrt hat dass er nix von der Entwendung gemerkt hat? Okay ich ziehe die Frage zurück, von jemandem der seinem minderjährigen Sohn sogar das Schießen mit echten Knarren absichtlich BEIBRINGT, ist wohl nicht allzu viel Denkarbeit zu erwarten.
Aber wenn das mit den Schusswaffen ja alles eh nicht so tragisch ist, können wir ja auch fröhlich welche an Jugendliche verteilen. Ich sag mal, solange sie keine Killerspiele zocken beiben sie eh die bravsten Menschen auf der Welt.. :D